Es ist noch nicht lange her, als die 31-jährige hochschwangere Fitnesstrainerin Stacie Venagro mit ihren Bildern auf Instagram das Netz in Aufruhr versetzte. Noch im achten Schwangerschaftsmonat vollzog sie kraftvoll ihr Bodybuilding-Training fünf Mal pro Woche. Da wurden schwere Hanteln gestemmt und unzählige Liegestütze oder Burpees ausgeführt. Diese Bilder regten erneut die Diskussion um den Sport und dessen Grenzen für Schwangere an. Ist Sport in der Schwangerschaft überhaupt erlaubt?
Sobald ein positiver Schwangerschaftstest vorliegt, werden die meisten Frauen sehr vorsichtig hinsichtlich ihrer sonst üblichen sportlichen Aktivitäten. Viele fahren ihr Trainingspensum drastisch zurück, andere hören ganz damit auf, weil sie Angst davor haben, ihrem Baby damit einen Schaden zuzufügen. Auch Hebammen oder Frauenärzte äußern bei dieser Frage eher eine gewisse Vorsicht oder Skepsis. Wir möchten hierzu nun fundierte Antworten geben, die auf den Ergebnissen entsprechender Untersuchungen fußen.
Inhaltsübersicht
Kann Sport eine Fehlgeburt auslösen?
Im ersten Drittel der Schwangerschaft kommt es statistisch bei 10 bis 15 Prozent der schwangeren Frauen zu einer Fehlgeburt. Sportliche Betätigung ist dabei in den seltensten Fällen eine nachgewiesene Ursache. Dies ist ein Ergebnis aus einer Metaanalyse mit 2059 normalgewichtigen Schwangeren, von denen 1022 Frauen nach dem Zufallsprinzip einer Aerobic-Gruppe und 1037 Frauen der „Nicht-Sport-Gruppe“ zugeteilt wurden. Die Sportlerinnen ertüchtigten sich drei- bis viermal in der Woche jeweils für 35 oder bis zu 90 Minuten lang an Aerobic-Übungen mit dem eindeutigen Ergebnis, dass diese Frauen deutlich weniger von Schwangerschaftsdiabetes oder erhöhtem Blutdruck geplagt waren.
Dennoch hält sich das alte Gerücht, dass sich werdende Mütter lieber ausruhen sollen, noch immer hartnäckig. Dabei wird eine Frühgeburt eher selten durch mechanische Reize wie Schaukeln oder Springen ausgelöst. Dies ist auch nicht im Sinne der Natur. Das Gegenteil ist der Fall, denn Sport macht allgemein körperlich fit und lässt eine Frau die Anstrengungen der Geburt besser überstehen. Darüber hinaus senkt Sport das Risiko einer Kaiserschnitt-Entbindung.
Ganz allgemein gilt, und das gilt auch für die Schwangerschaft, die auf keinen Fall als „Krankheit“ aufgefasst werden darf: Wer gesund ist, darf und soll sich auch belasten. Betrachten wir zum Beispiel die Sportlerin Alysia Montaño, sie ist eine US-amerikanische Mittelstreckenläuferin. Im Juni 2014 sorgte diese mutige und ambitionierte Frau für weltweites Aufsehen, denn sie beteiligte sich hochschwanger (achter Monat) an dem 800-Meter-Lauf der „US Track and Field Championship“ in Sacramento, den sie immerhin in zwei Minuten und 32 Sekunden souverän (leider als Letzte) erledigte.
Die sportliche Mutter
Wenn eine schwangere Frau regelmäßig etwas Sport treibt, ergeben sich daraus mehrere Vorteile. Um Missverständnissen vorzubeugen, möchten wir an dieser Stelle aber betonen, dass wir nicht für Leistungssport bei hochschwangeren Frauen plädieren.
- Sportlich aktive Mütter leiden seltener an Bluthochdruck, Krampfadern, Rückenschmerzen, Schwangerschaftsdiabetes und können sich über eine nur moderate Gewichtszunahme freuen.
- Ihre Geburt verläuft in der Regel leichter, denn sie können im Geschehen aktiv mitarbeiten, was auch mit ihrer besseren Kondition in Zusammenhang steht.
- Wenn sich die Mutter während der gesamten Schwangerschaft körperlich wohlfühlt, hat das einen sehr positiven und stärkenden Einfluss auf das Baby.
Gut für Körper und Seele
Neben den positiven körperlichen Auswirkungen sorgt ein moderates Training auch für eine stabile Psyche der schwangeren Frau. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass sich Körper und Geist gegenseitig stark beeinflussen und daher als eine große Einheit zu betrachten sind. Allein durch die Eindämmung von Krampfadern, Rückenproblemen, Wassereinlagerungen oder Thrombosen, also die messbare Reduzierung gesundheitlicher Probleme, verbessert sich natürlich auch die Laune der Schwangeren.
Auch über eine gewaltige Gewichtszunahme durch die Schwangerschaft ist keine Frau amüsiert. Bei sportlich aktiven Frauen passiert das nicht in so hohem Ausmaß, und nach der Geburt wird die Sportlerin sehr schnell wieder ihr früheres Gewicht erreichen. Die sportliche Betätigung macht die Frau insgesamt ausgeglichener, sie kann besser schlafen, und auch die gefürchtete postnatale Depression stellt sich bei Sportlerinnen deutlich seltener ein.
Gemäß einer Studie des DSHS (Psychologisches Institut der Deutschen Sporthochschule Köln) benötigen Sport treibende Frauen zum Beispiel auch weniger Schmerzmittel als die andere Kontrollgruppe, da sie sogar in der Lage sind, Schmerzen besser ertragen zu können. Bei den Sportlerinnen kamen Saugglocke und Geburtszange signifikant weniger zum Einsatz.
Wichtiger Hinweis: Bei erhöhtem Risiko zu Blutungen oder vorzeitigen Wehen und natürlich auch bei Sportarten, die ein erhöhtes Verletzungsrisiko bergen, sollte unbedingt der Arzt zurate gezogen werden.
Geeignete Sportarten für Schwangere
Es ist plausibel, dass die Art der sportlichen Anstrengung im achten Monat eine andere sein sollte als noch im zweiten Schwangerschaftsmonat. Daher haben wir hier eine zeitliche Einteilung vorgenommen.
Im ersten Drittel der Schwangerschaft
- Joggen
Während der ersten drei Monate darfst Du ganz normal laufen, so, wie Du es gewohnt bist. Danach solltest Du das Tempo etwas drosseln. Gute Schuhe mit dämpfenden Sohlen, die Dir festen und stabilen Halt geben, sind jetzt besonders wichtig, denn das zunehmende Körpergewicht wirkt sich bald belastend auf die Gelenke aus. Eine gute und vor allem sanfte Alternative zum Jogging ist Walking.Wichtiger Hinweis: Bitte nicht bei heißem Wetter joggen. Der Fetus darf auf keinen Fall überhitzt werden.
- Ballsportarten
Badminton, Tennis, Volleyball oder Basketball können in den ersten drei Monaten weiterhin problemlos gespielt werden. Mit wachsendem Bauch werden diese intensiven Bewegungssportarten aber zunehmend beschwerlich. Und jene Ballspielarten mit viel Körperkontakt wie Handball, Fußball oder gar Rugby bergen ein sehr hohes Verletzungsrisiko.
Während der gesamten Schwangerschaft
- Schwimmen & Aquafitness
Bewegung im Wasser geht bei Schwangeren immer, denn hier werden Du und auch Dein Bauch wie schwerelos angenehm getragen. Und dennoch werden im Wasser alle Muskelgruppen trainiert. Mit Schwimmen und Wassergymnastik wird Ödemen vorgebeugt, und der stark belastete Rücken erfährt im Wasser eine angenehme Entlastung, was gerade in den letzten Schwangerschaftswochen sehr wichtig ist. - Yoga & Pilates
Gymnastik eignet sich immer, auch für Frauen, die bisher eher unsportlich waren und endlich mal etwas für sich tun möchten. Yoga und Pilates sind deshalb besonders empfehlenswert, weil sie bekannt dafür sind, dass sie den Beckenboden trainieren. Dadurch wird die Geburt erleichtert, Rückenschmerzen können nicht so leicht entstehen, und die Rückbildung des gedehnten Bauches wird nach der Geburt unterstützt. - Rad fahren
Wenn das Laufen und das Gehen immer schwererfallen, kannst Du immer noch gut Fahrrad fahren. Das ist dann ein echter Segen für jeden Menschen, der in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. Das Fahrrad trägt Dein Gewicht und auch das Deines Kindes und entlastet Deine Wirbelsäule. Am Ende der Schwangerschaft eignet sich ein Fahrrad mit besonders niedrigem Einstieg.