Einsames Kind sitzt auf einer Schaukel. Der drohende Schatten des Vaters hinter ihm.
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Plötzlich benimmt sich das Kind merkwürdig. Sonst normale Situationen werden vermieden. Oder es spricht ständig über Monster unter dem Bett. Ist das jetzt ein lustiges Rollenspiel oder ein Grund zur Sorge? Bei all den verschiedenen Emotionen und Stimmungen, die Kinder über den Tag zeigen, ist es nicht immer leicht, zu wissen, wann es ernst wird. Wann sich ein Kind wirklich unwohl fühlt und Angst hat.

Kinder haben oft Angst vor Monstern, Kriegen oder Fremden. Weinen und Klammern im Kindergarten, nächtliches rufen nach den Eltern, wenn es allein im dunklen Raum aufwacht. Eigentlich ist das völlig normal. Ängste zu überwinden ist Teil ihrer Entwicklung. Dazu braucht das Kind aber die Unterstützung der Eltern.

Kinder beginnen zu krabbeln und erkunden ihre Umgebung, wenn sie ungefähr 5-8 Monate alt sind. Gleichzeitig beginnen Sie, mehr oder weniger stark, zu Fremdeln. Das Kind leidet unter der ersten Angst, die nichts mit Hunger oder Durst zu tun hat. Trennungsangst! Die Mutter oder der Vater darf am besten nie ausser Sicht geraten. Wie bei allen Ängsten handelt es sich wahrscheinlich um eine Schutzfunktion die verhindern soll, dass sich das Kind zu weit von der Mutter entfernt.

Die ersten Angststörungen beginnen im Alter von drei bis vier Jahren. Oft handelt es sich um sehr spezifische Ängste. Das Kind hat Angst vor einer bestimmten Situation.

Typische Kinderängste sind beispielsweise Angst vor lauten Geräuschen (Beispiel: Gewitter), vor Dunkelheit, vor Tieren oder Fremden. In diesem Alter bekommen die Kinder schon sehr viel von dem mit, was um sie herum passiert. Die aufgenommenen Eindrücke können aber noch nicht richtig eingeordnet werden. Daraus kann Angst entstehen.

Viele Ängste zeigen den Beginn einer neuen Entwicklungsstufe und erledigen sich mit der Zeit von selbst. Aber leider nicht alle. Manche Kinderängste können sich auch zu einer festen Phobie oder Angststörung bei Erwachsenen entwickeln wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden.

Wie merke ich, dass mein Kind Angst hat?

Das Kind wird sein Unbehagen / Unwohlsein auf irgendeine Art ausdrücken.

Angst zeigt sich überwiegend auf drei Arten

  • Körperliche Symptome

Das Kind klagt über Bauchschmerzen, Unwohlsein, oder ähnliches. Auch Herzklopfen, starke Unruhe oder sogar Fieber sind möglich.

  • Verhalten

Das Kind weicht von seinem normalen Verhalten ab. Zieht sich zurück, möchte nach Hause, etc..

Bei Angst vor einem direkten Objekt oder einer Person kann auch konsequentes starren auf dieses einen deutlichen Hinweis geben. Bei starker Angst kann das Kind hier bis zur Schockstarre erstarren.

  • Gespräche

Das Kind berichtet über seine Angst und deren Ursache. Kindern fällt es deutlich leichter als Erwachsenen über Ängste zu reden und die Ursachen deutlich auszudrücken.

Typische Ängste in den Entwicklungsphasen

Erstes bis drittes Lebensjahr

Trennungsangst: Verlustangst bzw. Fremdeln.

Zweites bis viertes Lebensjahr

Während der „magischen Phase“, wie man die zeit zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr nennt, ist die Phantasie des Kindes sehr stark ausgeprägt und kaum von der Realität zu trennen. Das Kind glaubt an imaginäre Freunde, Zauberei und leider auch an Monster unter dem Bett. In dieser Zeit sind Ängste vor Monstern und der Dunkelheit im allgemeinen sehr verbreitet.

fünftes bis siebtes Lebensjahr

Ab dem fünften Lebensjahr werden die Gedanken des Kindes logischer. Es werden viele Informationen aus der Umwelt aufgenommen und aus einfachen Nachrichten können sich dann Ängste vor z.B. Kriegen, Umweltkatastrophen, etc entwickeln.

Hier sollte man dem Kind die aufgeschnappte Information kindgerecht erklären um die Angst aufzulösen. Oft kommen auch Ängste vor Tieren oder verletzungen vor. Die Kinder werden „übervorsichtig“.

ab dem achten Lebensjahr

Hier treten die ersten Leistungsängste auf. Das Kind hat Angst in die Schule zugehen oder vor Prüfungen.

Pubertät

In der Pubertät lösen sich die Kinder von den Eltern und bauen soziale Kontakte zu anderen auf. Hier kommt es häufig zu sozialen Ängsten.

Wie kann ich reagieren, wenn mein Kind Angst hat?

Hier sollte man die Ängste der Kinder ernst nehmen. In Gesprächen kann man die Ursachen am besten erkunden. Das Kind kann seine Gefühle meist sehr gut Ausdrücken und die Frage: „Wovor fürchtest Du dich?“ bringt uns schon sehr nah an die Lösung.

In Gesprächen können wir die Ängste relativieren und in einen verständlichen Zusammenhang bringen. Dann geht es an die Bewältigung. Ängste vor bestimmten Situationen können „geübt“ werden. Nach wenigen Versuchen, bei denen nichts passiert, wenn ich meinen Ball von den Nachbarn zurückhole, verschwindet auch die Angst davor wie von selbst.

In den normalen Entwicklungsphasen lernen die Kinder meist von selbst die jeweils typisch auftretenden Ängste zu überwinden. Dies ist auch sehr wichtig um dem Kind das Selbstvertrauen zu geben, Ängste vollständig alleine bewältigen zu können. Ein „Das schaffst Du!“ ist hier meist schon völlig ausreichend.

Bei Angst vor imaginären Monstern unter dem Bett helfen ein Nachtlicht oder ein Kuscheltier als Beschützer. Hier kann man dem Kind auch helfen die Situation selbst zu meistern um das Selbstvertrauen zu stärken. In der magischen Phase, zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr, ist die Phantasie des Kindes sehr aktiv und von der Realität kaum zu trennen. Hier kann man dem Kind dann ein imaginäres Monsterspray oder einen Monstersauger zur Verfügung stellen mit dem es die Monster selbst vertreiben kann.

So lernt das Kind, dass es auch vermeintlich schwierige Situationen allein meistern kann. Eine wichtige Fähigkeit auf dem weiteren Lebensweg und die beste Vorbeugung gegen Phobien und Angststörungen beim Erwachsenen.

Tipps:

  • Vermeide Sätze wie „Hab keine Angst“ oder „ Du brauchst doch keine Angst zu haben“. Logische Erklärungen reichen dem Kind hier nicht um die Angst zu besiegen.
  • Ignoriere die Ängste deines Kindes nicht. Aussagen wie „da ist doch gar nichts vor dem man Angst haben muss“ oder „Es ist doch gar nichts passiert“ können im schlimmsten Fall das Vertrauen und die Bindung zu Mutter und Vater erschüttern.
  • Auch ein dramatisieren der Angst kann schlimme Folgen haben. Mit Aussagen wie „mein armes armes Baby“ oder „Die Verletzung ist ja schrecklich“ verstärken sich die Ängste im Kind nur noch und können sich im schlimmsten Fall zu regelrechten Phobien entwickeln.
  • Märchen sind ein guter Weg um die Gedanken des Kindes von den eigenen Ängsten zu lösen. Große Ängste verdrängen kleine auch wenn es nicht die eigenen sind. So kann eine Geschichte in der die Figuren ängstliche oder bedrohliche Situationen meistern das Kind beruhigen, ablenken oder zu eigenen Lösungsansätzen führen.
  • Eine Umarmung um zu trösten und das Einfühlen in die Probleme des Kindes helfen meist am besten und schweißen zusammen.
  • Das Elternbett sollte Ausnahme bleiben. Wenn das Kind regelmässig mit den Eltern ins Bett geht ist dies eher hinderlich als hilfreich. Selbstverständlich ist es völlig normal wenn man das Kind in Ausnahmesituationen mit ins eigene Bett nimmt oder es nachts einmal zu den Eltern ins Bett krabbelt. Eine Dauerlösung sollte es aber nicht werden. Ein solches Ritual ist nur schwierig wieder abzutrainieren.Hier können auch kleine Hilfsmittel wie ein Nachtlicht oder Monsterspray helfen, dass das Kind von alleine wieder einschlafen kann ohne den Weg zu den Eltern zu machen.

Wann ist eine Angst besorgniserregend?

Man sollte immer genau zuhören, wenn man das Gefühl hat mit dem Kind stimmt etwas nicht oder es benimmt sich merkwürdig. Ängste sollten nicht das Leben des Kindes bestimmen oder seine Entwicklung einschränken. Auch unüblich lang anhaltende Ängste, wie z.B. das Fremdeln bis in die Schulzeit hinein, sollten mit einem Arzt besprochen werden um nicht in einer Angststörung zu enden.