Das eigene Kind ist für die meisten Eltern immer wieder ein Mysterium. Kindliches Verhalten stellt besonders Erwachsene immer wieder vor Rätsel, die für nächtliches Kopfzerbrechen sorgen. Nicht nur Entwicklungsverzögerungen können für Sorgen verantwortlich sein, sondern auch unerklärliche Vorsprünge oder soziale Auffälligkeiten. Die Möglichkeit einer Hochbegabung ist häufiger gegeben, als Eltern es sich vorstellen können. Von 100 Kindern sind Statistiken zu Folge etwa drei bis fünf Kinder hochbegabt. Doch wie kann Hochbegabung erkannt werden? Gibt es überhaupt charakteristische Verhaltensweisen, die auf eine überdurchschnittliche Intelligenz schließen lassen?
Inhaltsübersicht
Hochbegabung erkennen
Die Auswirkungen einer Hochbegabung auf das kindliche Verhalten sind vielfältig. So kann nicht nur hinter schulischen Bestleistungen eine Hochbegabung vermutet werden, sondern auch hinter schlechten Leistungen. Verliert das Kind den Anschluss, träumt es und konzentriert es sich in der Schule nicht mehr, so sollten Eltern nicht nur eine Lernschwäche oder ADS/ADHS in Betracht ziehen. Das sogenannte „Underachievement“ ist eine Ausprägungsform der Hochbegabung, bei der die Kinder aufgrund mangelnder Impulse schlechte Leistungen in der Schule erzielen.
Entscheidend für das Erkennen einer Hochbegabung ist nicht die reine Betrachtung des kindlichen Verhaltens. Fähige Kinderpsychologen in Beratungsstellen kennen sich mit diesem Thema bestens aus und empfehlen im Zweifel eine Begabungsdiagnostik. Der Schritt, tatsächliche Ergebnisse über die Begabungen des eigenen Kindes in Erfahrung zu bringen, ist für viele Eltern jedoch nicht leicht. Befürchtungen, das Kind würde es angesichts seiner besonderen Begabung in der Zukunft schwer haben, liegen nahe und bestätigen sich bei mangelnder Förderung immer wieder.
Es gibt Anzeichen, die für eine Hochbegabung sprechen. Erkennen Eltern einen Großteil der folgenden Dinge im Verhalten ihres Kindes, sollte einmal genauer hingesehen werden.
Das Kind…
- …ist im Vergleich zu Gleichaltrigen weit voraus.
- …sprach früh und entwickelte schnell einen großen Wortschatz.
- … kann sich auch komplexe Dinge gut merken und wiedergeben.
- … langweilt sich schnell und braucht viel Aufmerksamkeit.
- …beschäftigt sich lieber mit älteren Kindern als mit Gleichaltrigen oder Jüngeren.
- …stellt viele Fragen mit ungewöhnlichen Inhalten und ist allgemein sehr wissensdurstig.
- …ist auffällig ehrgeizig, perfektionistisch und neigt zu Wut, wenn etwas nicht gelingt.
- …liest Bücher, die die Altersempfehlung übersteigen.
- …braucht deutlich weniger Schlaf als andere Kinder.
- …beobachtet das Geschehen um sich sehr genau und ist empfänglich für kleinste Details.
- …verhält sich sehr reif und erwachsen.
- …ist empfindlich gegenüber Lärm, Licht und anderen Reizen.
- …verhält sich anderen Kindern gegenüber dominant.
- …nimmt in Gruppen die Rolle des Außenseiters ein.
- …fällt anderen Erwachsenen durch sein besonderes Verhalten und seine Leistungen auf.
Elternsorgen bei Hochbegabung
Entgegen der allgemeinen Annahme, Hochbegabung beim Kind sei ein erstrebenswerter Zustand für Eltern, fühlen sich die meisten nicht wohl mit der Diagnose. Immerhin stellt die besondere Begabung des eigenen Kindes Eltern vor viele Fragen. Wird mein Kind Freunde haben? Wie kann ich mein Kind fördern? Wie kann ich mein Kind glücklich machen? Ist eine normale Schule überhaupt die richtige Wahl für mein Kind?
Hinzu kommt, dass Hochbegabung in der Gesellschaft oftmals wenig positiv aufgenommen wird. Andere Eltern vergleichen ihre Kinder mit dem Hochbegabten und entwickeln ein Neidgefühl. Dass dies unberechtigt ist, spielt an dieser Stelle zumeist keine Rolle. So werden die Eltern hochbegabter Kinder oft als überehrgeizig angesehen und die Begabung des Kindes allein auf den elterlichen Druck zurückgeführt. So verschweigen Eltern oftmals die Begabung und stehen mit ihren Sorgen und Problemen weitestgehend alleine da.
Hochbegabung richtig fördern
Haben sich Eltern für eine Begabungsdiagnostik entschieden und erhalten sie tatsächlich die passende Diagnose, so stellt sich die Frage nach der richtigen Förderung. Ein hochbegabtes Kind, das nicht richtig gefördert wird, entwickelt nicht selten Unzufriedenheit, soziale Auffälligkeiten und wird immer unglücklicher. Die Schule als auch die Eltern sind daher in der Förderung gefragt.
Lehrer entwickeln in der heutigen Zeit zwar ein immer besseres Verständnis für überdurchschnittliche Begabungen, können ihnen jedoch nur schwer begegnen. Oft genügt weder das Budget noch die Zeit, um einem einzelnen Kind die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die es benötigt. Daher reicht es nicht, der Lehrkraft alleine die Verantwortung für eine ordentliche Förderung zu überlassen. Fehler, die in der Schule häufig gemacht werden, sind unpassende Fördermaßnahmen wie beispielsweise ein „Mehr“ an Arbeit für das Kind, die jedoch vom Niveau her nicht ausreicht. Lehrer sollten bei der Arbeit mit hochbegabten Kindern aus diesem Grund die gewohnten Pfade verlassen und an besondere Aufgaben denken. Vorstellbar wären Aufgaben, die die Wissbegierigkeit des Kindes fördern und ihm ein positives Gefühl für seine Begabung schenken. Kleine Referate über Wissensthemen, eine Buchvorstellung oder auch eine Hausaufgabe, bei der das Kind forschen kann, sind Möglichkeiten, die zur Hochbegabtenförderung passen.
Im Alltag können Eltern einen großen Beitrag zur Förderung ihres hochbegabten Kindes leisten, indem sie für passende Anreize – aber auch für Ausgleich – sorgen. Kindergruppen, in denen gemeinsam geforscht wird, sind eine gute Möglichkeit. Auch haben viele hochbegabte Kinder Spaß am Erlernen eines Musikinstruments. Die Familienausflüge könnten den Interessen des Kindes entsprechend gestaltet werden. Planetarien und Museen machen auch gemeinsam viel Spaß! Eltern sollten in der Freizeit auch das soziale Leben eines hochbegabten Kindes fördern. Freunde zum Spielen einzuladen, ist eine gute Idee und auch Sportvereine, Schachclubs oder Tanzgruppen bieten ausreichend Möglichkeiten.
Das Kind nicht vergessen
Auch wenn das eigene Kind hochbegabt ist und viele besondere Fähigkeiten besitzt, bleibt es ein Kind. Eltern sollten daher den Fehler vermeiden, ihr Kind emotional zu überfordern, indem sie ihm kindliches Verhalten absprechen. Ein vierjähriges Mädchen, das bereits fließend liest und sich für Planeten interessiert, kuschelt trotzdem gerne mit Mama und Papa und es liebt vielleicht auch einfache Dinge wie Gesellschaftsspiele und gemeinsames Basteln.
Eltern sollten stets ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte ihres Kindes haben und es auf seinem Weg unterstützend begleiten. Nur dann ist es möglich, dass das Kind ein solides Selbstbewusstsein entwickelt und sich trotz seiner „Andersartigkeit“ in der Welt zurechtfinden kann.
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