Wenn die Schwangerschaft auf die letzten Wochen zugeht, denken die meisten Frauen viel darüber nach, wie sie ihr Kind zur Welt bringen möchten. Aus dem Füllhorn von Varianten sticht eine Methode mit ihrem besonderen Charme hervor, gemeint ist die Wassergeburt.
Dahinter verbirgt sich der Wunsch nach einer möglichst schmerzfreien und entspannten Geburt, die auch dem Kind einen sanften Übergang in die große fremde Welt ermöglicht. Viele Geburtskliniken haben diesen Bedarf erkannt und verfügen heute über körperwarme Geburtsbecken. Was früher eher für etwas exotisch gehalten und höchstens von paar verschrobenen Esoterikern durchgesetzt wurde, ist heute eine echte und ernst zu nehmende Alternative unter den verschiedenen Formen der Entbindung.
Inhaltsübersicht
Kann eine Wassergeburt gefährlich werden?
Eine warme flüssige Umgebung ist für das Kind völlig normal. Solange seine Sauerstoffversorgung noch via Nabelschnur intakt ist, hat das Kind keine Veranlassung, unter Wasser zu atmen. Erst wenn das Kind vollständig aus dem Mutterleib gekommen ist und aus dem Wasser gehoben werden kann, erfolgt die Durchtrennung der Nabelschnur, womit die eigene Luftatmung beginnt. Im Übrigen baut das sogenannte Babyschwimmen auf dem fest gefügten kindlichen Reflex auf, die Atmung einzustellen, sobald das Köpfchen unter Wasser kommt.
Jeder für die Wassergeburt ausgerüstete Kreißsaal verfügt heute über ein schnurloses CTG, die sogenannte Telemetrie Ableitung zur Überwachung der körperlichen Funktionen.
Vorteile der Wassergeburt
Im Bensberger Krankenhaus wurde eine Studie auf der Grundlage von mehr als
1.000 Wassergeburten durchgeführt mit dem überzeugenden Ergebnis, dass dabei der Schmerzmittelverbrauch, Blutverluste und die Dammschnittrate signifikant geringer waren als bei vergleichbaren Geburten „auf dem Trockenen“. Darüber hinaus erfolgten die Wassergeburten in der Summe in einer deutlich kürzeren Gesamtzeit als gleich viele „normale“ Geburten.
Das Gewebe entspannt in warmem Wasser und wird weicher. In der Folge erhöht sich die Elastizität, was gerade für den Dammbereich einen großen Vorteil darstellt. Der große Bauch der Mutter ist im Wasser „schwerelos“, was die Bewegungsfreiheit der Gebärenden deutlich erhöht.
Aber bitte erwarte nicht, dass die Geburt Deines Kindes so kurz und schmerzlos sein wird, wie es in dem zurzeit im Internet kursierenden Video zu sehen ist. Hier wird ein Paar in der Wanne innerhalb von wenigen Minuten mit einem Baby beschenkt. Die dazu befragten Gynäkologen sind sich darin einig, dass die schwangere „Darstellerin“ noch ganz kurz vor der Geburt in die Wanne gestiegen ist, und nur diese letzten Minuten wurden dann auf dem Video festgehalten.
Keine Frau wird dazu gezwungen, die ganze Zeit im Wasser sitzen zu müssen. Viele empfinden eine gewisse Linderung der Unannehmlichkeiten der Geburt darin, ihren Aufenthaltsort hin und wieder wechseln zu können. Von einer „richtigen“ Wassergeburt spricht man dann, wenn die Gebärende die gesamte Zeit von der Eröffnungs- bis zur Austreibungsphase im Geburtsbecken verbringt. Aber am Ende sind das alles nur Haarspaltereien bei Worten.
Während der Wehenpausen kannst Du Dich jedenfalls vom warmen Wasser tragen lassen, was Dir neue Energie liefert bis zum nächsten anstrengenden Pressen. Dennoch können alle notwendigen Untersuchungen durch die Hebamme vorgenommen werden.
Der fast unmerkliche Übergang vom Fruchtwasser in das warme Wasser der Umgebung ist für das Baby eine enorme Erleichterung bei dem Stress, den die Geburt auch für das Baby bedeutet. Die optimale Wassertemperatur entspricht selbstverständlich unserer Körpertemperatur und liegt deshalb zwischen 36 und 38 Grad Celsius. Ein Geburtsbecken hat einen bequemen, tiefen Einstieg. Es gibt verschiedene Haltevorrichtungen in Form von Griffen, Seilen oder auch Tüchern, die über die Wanne gespannt sind.
In Einzelfällen kann es aber auch vorkommen, dass solch ein Vollbad die Gebärende mental irritiert und die Eröffnungswehen sogar zurückdrängt. In diesen Fällen wird die Wassergeburt spätestens nach 30 Minuten zunächst abgebrochen. Erst wenn wieder stärkere Wehen regelmäßig einsetzen, kann ein erneuter Versuch gestartet werden. Die Erfahrung zeigt, dass die Geburt dann auch ihren Verlauf nimmt, was wahrscheinlich auch daran liegt, dass die Gebärende zum zweiten oder dritten Mal mit einem sichereren Gefühl das warme Becken betritt.
Viele werdende Mütter nutzen das Geburtsbecken gern zur Entspannung und bringen ihr Kind schließlich, wenn es so weit ist, doch im Kreißsaal zur Welt. Falls das Kind im Geburtsbecken geboren wird, durchtrennt man auch die Nabelschnur, wie oben erwähnt, noch im Becken. Sogar auch die Nachgeburt kann auf Wunsch im Becken erfolgen. Wegen der Geburtswunden besteht im Wasserbecken eine etwas erhöhte Infektionsgefahr, deshalb sollte die Mutter das Geburtsbecken „nach getaner Arbeit“ relativ bald verlassen.
Medizinische Überwachung der Wassergeburt
Jede Frau, die ein Kind zur Welt bringt, braucht Unterstützung durch andere kompetente Menschen. Eine medizinische Überwachung des Prozesses gibt der Frau Sicherheit. Dies kann bereits eine Hebamme weitgehend leisten, aber die technischen Möglichkeiten eines Krankenhauses sind eben doch deutlich ausgeprägter. So werden auch in der Geburtswanne die Wehenstärken und die Herztöne des Kindes kontinuierlich überwacht. Zu diesem Zweck werden kabellose und wasserfeste Kardiotokografen (CTG) eingesetzt. Sogar der Dammschnitt, falls unbedingt erforderlich, wird vom Beckenrand aus vorgenommen. Das ist aber ein eher seltener Vorgang.
Nach der Geburt werden Mutter und Kind dann gut warmgehalten. Als eine gute Methode hat sich erwiesen, beide gemeinsam in ein großes Handtuch oder in eine Decke zu wickeln, was sofort den direkten Hautkontakt herstellt und das sogenannte „Bonding“ zwischen Mutter und Kind fördert.
Ist eine Wassergeburt wirklich für jede Frau geeignet?
Bei einem normalen (gesunden) Schwangerschaftsverlauf und in Rücksprache mit dem Arzt können die meisten Frauen eine Wassergeburt in Erwägung ziehen. Es gibt aber auch besondere Ausnahmen, die wir hier kurz bezeichnen möchten. Das bedeutet nicht gleich den absoluten Ausschluss von dieser Möglichkeit, aber in diesen Fällen ist eine eingehende Besprechung mit dem Arzt dringend erforderlich.
- Mehrlingsgeburten
- Es wird ein außergewöhnlich großes Kind (großer Kopf) erwartet
- Komplizierte Geburtslage (Becken- oder Steißlage
- Frühgeburten
- Vermutung der eingeschränkten Leistungsfähigkeit der Plazenta
- „Grünes Fruchtwasser“ mit hohem Anteil von „Kindspech“ (Mekonium)
- Vorerkrankungen der Mutter wie Bluthochdruck, Diabetes oder Präeklampsie
- Vaginale und systemische Infektionen der Mutter wie HIV, Hepatitis oder Herpes
- Auffällige Herztöne beim Kind
- Geburtskomplikationen bei früheren Schwangerschaften
- Kreislaufstörungen und starke Übelkeit bei der Mutter
Die Periduralanästhesie (PDA) beziehungsweise eine Spinalanästhesie kommt bei der Wassergeburt übrigens nicht infrage. Falls die Wehenschmerzen für die Frau unerträglich werden, muss ein sofortiger Wechsel in den Kreißsaal erfolgen.